Unsere Position zum Waschbär

Welche funktionale Rolle hat der Waschbär in unserem Ökosystem und welche Wirkung hat er auf diese?

 

„Die genaue Biologie einer Art, also ihre Wechselbeziehungen zu ihrer belebten und unbelebten Umwelt zu kennen, ist die Grundlage für die Einschätzung ihrer Wirkung“ (KLINGENSTEIN et al. 2005)

 

Der Waschbär ist ein autochthon in Nord- und Mittelamerika vorkommender, nachtaktiver Mesoprädator. Aufgrund teils gezielter, teils unbeabsichtigter Aussetzungen seit Anfang des 20. Jahrhunderts ist der Waschbär auch in weiten Teilen Europas naturalisiert und wird in Deutschland als Paradebeispiel für eine erfolgreiche Etablierung angesehen, wobei die vielen Einführungsereignisse zum Ausbreitungserfolg beigetragen haben.

 

Vor dem Hintergrund der deutlichen Zunahme der Waschbärenbestände sowie der steigenden Präsenz dieser Tierart ist in den letzten Jahren eine höchst brisante Diskussion über den Einfluss des Neubürgers auf autochthone bzw. geschützte Arten und seine Rolle bei der Übertragung von Krankheiten entfacht. Seitdem steht er stark im Fokus kontroverser Debatten über den Status als potentieller Faunenverfälscher bzw. über den nachhaltigen Einfluss auf die hiesigen Biozönosen.

 

Die Beurteilung der ökologischen und ökonomischen Rolle des Waschbären schwankte seit seiner Einbürgerung beträchtlich und hing stark von den vorherrschenden Intentionen und vom jeweiligen Zeitgeist ab. In den letzten Jahren sind zwar Richtlinien und Kriterien zur naturschutzfachlichen Einstufung und zum Management des Waschbären veröffentlicht worden, dennoch herrscht weiterhin große Uneinigkeit in Bezug auf den konkreten Umgang mit dieser „neuen“ Tierart. Dies ist nicht zuletzt auf die mangelnde wissenschaftliche Datengrundlage zurückzuführen.

 

Bis vor kurzem gehörte der Waschbär zu den am wenigsten untersuchten Raubsäugern Mitteleuropas. Die hohe Anpassungsfähigkeit des Waschbären, gerade auch in Bezug auf unterschiedliche Nahrungsquellen, macht es schwierig, seine Rolle innerhalb seines neuen Verbreitungsgebietes vor dem Hintergrund einer potentiellen Gefahr für einheimische Arten zu bewerten. Umfangreiche Exkrementanalysen sind eine weitverbreitete, nicht invasive Methode um Nahrungsspektren von Wildtieren zu charakterisieren und stellen derzeit dafür das aussagekräftigste Werkzeug dar (siehe unten, Nahrung des Waschbären).

Die Geheimwaffe des Waschbären ist die einzigartige Wahrnehmung des Tastsinns mithilfe seiner sensiblen Vorderpfoten. Im Konkurrenzkampf um Nahrung verhelfen ihm seine Pfoten, Nischen zu erobern, die anderen verschlossen bleiben. Er ertastet seine Beute beispielsweise unter Steinen, im Bodenschlamm von Flachwasserbereichen oder im Wurzelwerk von Bäumen. Dies führte zu dem fälschlichen Eindruck, dass der Waschbär seine Nahrung im Wasser „wäscht“. Die durch Feuchtigkeit aufgeweichte Hornhaut der Vorderpfoten erhöht die Sensibilität auf der Suche nach Nahrung. Diese unglaubliche Tastleistung kommt durch das Zusammenspiel von Druckrezeptoren auf der Pfotenunterseite und der hochspezialisierten Großhirnrinde zu Stande und lässt den Kleinbären sich ein differenziertes Bild von seiner Umwelt machen.

Waschbären verfügen über ein ausgeprägtes Lern- und Erinnerungsvermögen. Sie sind talentierte Kletterer und ihr Gehör- und Geruchssinn ist sehr gut entwickelt. Seine leicht buckelige Haltung lässt ihn kürzer erscheinen als er tatsächlich ist (Körperlänge bis zu 80 cm). Er besitzt die Fähigkeit, sich, gestützt durch seinen Schwanz, auf die Hinterpfoten zu stellen und dadurch seine sensiblen Vorderpfoten als Werkzeug zu benutzen. Waschbären leben nicht wie lange Zeit angenommen als Einzelgänger, sondern ganzjährig mit Artgenossen zusammen. Feste Gemeinschaften von erwachsenen Rüden beispielsweise, werden „Koalitionen“ genannt.

 

Die Fortpflanzung fällt hauptsächlich in den Monat Februar. In der Regel werden zwischen drei und fünf, gelegentlich auch bis zu zehn Jungen nach ca.  63 Tagen Tragzeit geboren und bleiben bis zur folgenden Ranz bei der Mutter. (Quelle: Landwirtschaftsministerium Niedersachsen)

Nahrung des Waschbären

Eine mehrjährige Feldstudie hat ergeben, dass die Nahrung des Waschbären zu fast 90% aus folgenden Kategorien besteht:

Pflanzen (32%), Regenwürmern (23%), Schnecken (16%), Insekten (7%), Fische (6%) und Muschel (4%). Vögel (1,6%) mit deren Eiern (1,5%), Amphibien (5,7%) und Reptilien (0,15%) machen lediglich 9% der Nahrung aus, Säugetiere (meistens Mäuse) 1,7% 


Jagd auf den Waschbären

Im Jagdjahr 1998 wurden wenige hundert Waschbären auf der Strecke gezählt.

Seitdem stieg die Waschbärenstrecke extrem an.

Jagdjahr 2016/17 - 11.968

                   2017/18 - 15.812

                   2018/19 - 15.017

                   2019/20 - 20.414 (!)

 Der Fallwildanteil in den letzten Jahren ist dabei relativ gering und umfasst für Nds. durchschnittlich jedes Jahr ca. 1.000 Tiere.  Die Landkreise Göttingen, Northeim und Lüchow-Dannenberg meldeten in Niedersachsen in den letzten Jahren die höchsten Strecken.


Fazit und unsere Position

 Eine aufwendige, mehrjährige Feldstudie zum Nahrungsspektrum des Waschbären im MüritzNationalpark konnte dessen bestandsgefährdende Auswirkungen auf naturschutzrelevante heimische Arten nicht bestätigen.

Der Nachweis einer lokalen Bestandsgefährdung verschiedener Arten insbesondere durch den Waschbären bleibt aufwändig und schwierig, zumeist reagiert man auf Hören-Sagen und daher ist dieser zumeist ungeklärt.

Die Schäden an Gebäuden sind gesamtwirtschaftlich betrachtet unerheblich.

Die Statistik von der Bejagung in den letzten zwei Jahrzehnten hat ergeben, dass der Waschbär den stetig gesteigerten Jagddruck und damit einhergehende jegliche Verluste durch hohe Reproduktion mehr als nur ausgleicht, sich der Bejagung in jagdfreie Gebiete entzieht und seine weitere Ausbreitung dadurch sogar weiter unaufhaltsam voran treibt.

Die monetären Aufwendungen in Fallen und Prämien sollten daher eher in die Aufwertung von intakten Lebensräumen, geeigneten Nisthilfen und Schutzmaßnahmen investiert werden, die Pille für den Waschbären alternativ in die Betrachtung.


Quellen:

https://www.projekt-waschbaer.de/fileadmin/user_upload/Dissertation_BeritMichler_2017.pdf

file:///C:/Users/Lenovo/Desktop/Jagd/Landesjagdbericht%20Nds._2018_2019_web.pdf

https://www.wildtierschutz-deutschland.de/single-post/Jagd-Waschbaeren