In den letzten Jahren können aufmerksame Naturfreunde besonders in den Herbst- und Wintermonaten in der Lüneburger Elbtalaue zunehmend einen großen weißen Reiher mit auffallend gelbem Schnabel und langen schwarzen Beinen beobachten. Hierbei handelt es sich nicht um einen exotischen Gefangenschaftsflüchtling, sondern um eine ursprünglich vor allem in Südosteuropa vorkommende Reiherart, den Silberreiher.
Silberreiher sind etwa so groß wie Graureiher, wirken aber schlanker, langhalsiger und langbeiniger. Gut beobachten lassen sie sich im Landkreis Lüneburg in der Elbtalaue zwischen Hohnstorf und Altwendischthun und hier besonders im Brackeder Stau und im Habekost bei Brackede. Auch an vielen anderen Stellen kann man besonders in den Herbst- und Wintermonaten mit Glück Silberreiher beobachten, wenn Feuchtgebiete, Teiche und Seen mit Schilf und Flachwasserzonen oder nahrungsreiche Gräben vorhanden sind. In Lüchow-Dannenberg sind u. a. die Elbtalauen bei Damnatz und Schnackenburg und die Niederungen von Jeetzel und Seege gute Beobachtungsgebiete. Im Elbetal im Landkreis Lüchow-Dannenberg werden gelegentlich Ansammlungen von bis zu 30 Silberreihern beobachtet.
Mit Beginn der Dämmerung suchen Silberreiher Sammelplätze in Flachwasserzonen auf, von denen sie gemeinsam zu ihren Schlafplätzen aufbrechen. Von den Schlafplätzen aus werden die Nahrungsgebiete bereits unmittelbar nach Sonnenaufgang angeflogen. Schlafplätze von Silberreihern können sowohl Bäume oder Büsche als auch schilfbestandene Flachwasserzonen sein. Sie liegen häufig in der Nähe von Graureiher- und Kormoranschlafplätzen wie im Landkreis Lüneburg beispielsweise im Umfeld des NSG Fehlingsbleck in der Echemer Marsch.
Silberreiherschlafplätze im Landkreis Lüneburg sollten dem NABU Lüneburg per E-Mail gemeldet werden.
Bevorzugte Nahrungsreviere des Silberreihers sind Flachwasserzonen, nahrungsreiche Grünlandflächen und besonders bei Frost im Winter eisfreie Gräben, Fluss- und Bachläufe. Die Nahrung besteht ausschließlich aus tierischer Kost und ist sehr vielseitig, meistens dienen bei uns aber Fische, Frösche, größere Wasserinsekten, Heuschrecken und Kleinnager wie z. B. Mäuse als Nahrung. Silberreiher sind nicht kälteempfindlich und auch bei Eis und Schnee an eisfreien Fließgewässern zu beobachten, bei anhaltendem Frost und geschlossener Schneedecke weichen sie lediglich in Gebiete mit milderem Klima wie z.B. Nordseeküste, Mittelrhein, Bodensee, Frankreich oder an die Mittelmeerküste aus.
Aufgrund von Schutzmaßnahmen konnte sich der Bestand der Silberreiher in den vergangenen Jahrzehnten gut erholen und das Brutgebiet sogar nach Ost- und Mitteleuropa ausweiten. Aufgrund der hohen Vermehrungs-rate in Ungarn und einigen Teilen Südosteuropas entstand in den letzten Jahren ein Populationsdruck, der besonders die jüngeren, noch nicht geschlechtsreifen Tiere, die wanderfreudiger als geschlechtsreife Altvögel sind und noch keine festen Reviere haben, zum Verlassen der Schlupfgebiete veranlasst. Diese Tiere tauchen auf der Suche nach Partnern und geeigneten Brutrevieren und Nahrungsflächen zunehmend bei uns auf und übersommern hier in immer größerer Anzahl.
Weitere Ursachen für die starke Ausbreitung des Silberreihers könnten auch die allgemeine Klimaerwärmung und die relativ milden Winter in Mitteleuropa gegenüber den langen und kalten Wintern in ihren Brutgebieten in vielen Teilen Ost- und Südosteuropas sein, die viele Silberreiher zum Überwintern bei uns verführt. Außerdem nutzen polnische, osteuropäische und niederländische Brutvögel geeignete Nahrungsflächen bei uns als Rastplatz auf dem Durchzug in die Brutgebiete.
Der NABU Lüneburg (Tel.04131/402544; info@nabu-lueneburg.de) sammelt alle Silberreihermeldungen. Besonders wertvoll sind Meldungen über Silberreihersammel- und Schlafplätze, Brutzeitbeobachtungen- und Brutverdachte bzw. Brutnachweise.